Four Lions - Christopher Morris

Four Lions Eine Komödie über Dschihad, Selbstmordattentäter und zu Suizidbomben dressierte Krähen? Da fehlten selbst der Leitung des Fantasy Filmfest die Worte.

Sicher war diese sich nur, dass sie Four Lions unbedingt zeigen wollte, auch wenn er auf den ersten Blick nicht so recht ins Profil des FFF passen will. Dem proppevollen Kinosaal wurde daher schlicht viel Spaß bei dem wohl politisch unkorrektesten Film der letzten Jahre gewünscht.

Im Debütfilm von Regisseur Christopher Morris raufen sich fünf mehr oder weniger fanatisierte Islamisten zusammen, um einen Selbstmordanschlag zu planen. Die Charaktere bilden dabei ein durchaus liebenswertes Panoptikum: der dusselige Mitläufer Fessal, der "vernünftige" Familienvater Omar, das hirnlose Werkzeug Gottes Waj, der fanatische Konvertit Barry und Hassan, der eigentlich mit Rap und Konfettibomben gegen Vorurteile ankämpfen will, aber dann doch in die Terrorzelle im Herzen Sheffields rutscht.

Als Omar (Riz Ahmed, bekannt aus Winterbottoms Road to Guantanamo) und sein Kumpel Waj (Kayvan Novak) ihre Chance in einem pakistanischen Ausbildungscamps aufgrund unaussprechlicher Dämlichkeit vermasseln und nach Hause gesandt werden, erfinden sie eine eigene Mission, deren Planung und Durchführung in Four Lions im Mittelpunkt steht. Soweit der durchaus realistische und ernste Hintergrund, vor dem Morris nicht nur ein wahres Feuerwerk des Slapstick, sondern auch Bomben detonieren lässt.

Angesichts dieser Thematik hätte die erste cineastische Dschihad-Satire zumindest im letzten Drittel leicht zu einer pseudomoralischen Mahnung werden können, wäre die Geschichte nicht konsequent zu Ende gedacht und das Tempo bis zum Schluss durchgehalten worden. Die Schwierigkeiten, ein adäquates Anschlagsziel zu finden oder ein überzeugendes Abschiedsvideo aufzunehmen, spielen dabei eine ebenso zentrale Rolle wie Toploaders "Dancing in the Moonlight".

Four Lions Die Lachmuskeln werden auch dann noch strapaziert, wenn einem eigentlich gar nicht mehr zum Lachen zumute ist. Denn trotz der zahlreichen Gags und absurden Situationskomik dient der radikale, terroristische Islamismus nicht nur als bloßes Tableau. Morris hat gewissenhaft recherchiert, sich mit Polizisten, gewöhnlichen Muslimen und Imanen über das Drehbuch beraten, weshalb Four Lions dennoch ein ernst zu nehmender und obendrein sehr mutiger Beitrag zu einem kontroversen Thema geworden ist.
Der Form nach eine Mischung aus Sacha Baron Cohens Anarchie, Chaplins Der große Diktator und Mel Brooks Frühling für Hitler, bedient sich Morris der wirkungsvollsten Methode, den Irrsinn von Selbstmordattentaten als solchen zu entlarven, indem er ihn der Lächerlichkeit preis gibt.

Four Lions - Film, DVD, Video - online bestellen Angesichts der Protestwelle, die dänische Karikaturen auslösten oder des Mordes an Theo van Gogh auf offener Straße, nachdem dieser mit Submission seinen Kommentar zur Unterdrückung der Frau im Islam gegeben hatte, muss man Morris Chuzpe zugestehen.
Selbst in der Warteschlange des Kölner Cinedoms teilten mir einige Besucher mit, dass sie sich dann aufgrund der Thematik doch nicht in Four Lions getraut hätten, schließlich "wisse man ja nie, was da passieren könne".
Schade, denn so haben sie nicht nur einen saukomischen Film mit einem grandiosen Ensemble und den wohl zündendsten Gags des Jahres verpasst, sondern auch ein Statement zum Terrorismus, das Dank fehlender Betroffenheitsrhetorik und politischer Korrektheit überzeugt.

Maxi Braun
01.09.2010

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