Handlungsfäden mit Spliss
Wenn man einen Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion enthusiastisch auf die Bühne springen sieht, um seinen Film vorzustellen, möchte man diesen lieben, komme was wolle. Leider funktioniert das im Fall von Mitchellville von John D. Harkrider nicht recht.
Nur ganz allmählich kommt der kryptische Thriller in Fahrt. Gabriel Williamson ist ein erfolgreicher Anwalt, der schon mal bis spät in die Nacht im einsamen Büro seiner Spitzenkanzlei ackert, während seine Frau sich daheim alleingelassen fühlt - und das am Hochzeitstag.
Von dieser Doppelbelastung, seiner Ehe und seinem stressigen Job, erzählt Gabriel (Harkrider) während seiner Sitzungen bei einem Analytiker, die die Rahmenhandlung von Mitchellville bilden.
Gabriel lernt - in seiner Phantasie oder in der Realität? - den Jazzmusiker Ken Malik (Herb Lovelle) kennen, der sich eigentlich gerade umbringen wollte, als der gelackte Jurist in seiner Wohnung steht und Querflöten-Unterricht haben will.
Gabriel vermutet dunkele Geheimnisse in Maliks Vergangenheit. Diesen kommt er auf die Spur, während er einen mehrwöchigen Außenauftrag absolviert, und verbindet sich seltsamerweise mit seinem eigenen Schicksal. Warum er diese Geschäftsreise antreten musste, ahnt er hingegen nicht mal im Traum.
Viele parallele Nebenhandlungen laufen wie diese zusammen und wieder auseinander, ohne so recht einen Sinn ergeben zu wollen und spalten sich erneut. Immer in der Twilight Zone zwischen Wirklichkeit und Hirngespinnsten pendelnd, führt uns Harkrider an teils steril und kalt inszenierte Räume die vor Einsamkeit zu bersten drohen und mit der warmen, heimeligen Atmosphäre von Maliks Wohnung kontrastieren.
Doch was in der Theorie nach einer spannenden, wendungsreichen Psychose auf Celluloid gebannt klingt, bleibt in der Realität des Zuschauers seltsam belanglos. Mag sein, daß Harkrider selbst jahrelang als Top-Anwalt in New York jobbte, aber Woody Allens Sitzungen beim Analytiker sind allemal erquicklicher und selbst "American Psycho" Christian Bale rührte einen mehr als der introvertierte Gabriel.
So bleibt denn am Ende auch unklar, was des Pudels Kern gewesen und was wahr bzw. nur erdacht ist. Gute Filme beantworten nicht alle Fragen, die sie stellen. Aber gute Filme sollten Frage stellen, deren Antworten den Zuschauer zumindest ein wenig interessieren.
Maxi Braun
Mitchellville (2004)
USA
Regie: John D. Harkrider
offizielle Website: www.mitchellvillethemovie.com
imdb Info: Mitchellville